Weshalb wehrt sich der Kanton Zürich nicht stärker gegen das Atomendlager?
Seit Jahren wehren sich verschiedene Organisationen gegen ein geologisches Tiefenlager im Kanton Zürich – Organisationen wie Klar! Schweiz, die Weinländer Kernfrauen oder der Verein LoTi (Nördlich Lägern ohne Tiefenlager). Warum tut es der Kanton Zürich ihnen nicht gleich? Warum sagt er nicht einfach Nein zum Tiefenlager?
Der Grund liegt darin, dass die Schweiz und der Kanton Zürich vor rund 50 Jahren auf Kernenergie gesetzt haben. Wir alle, ob für oder gegen Kernenergie, benötigen viel Strom für unseren heutigen Lebensstandard: egal ob für Smartphone, Kühlschrank oder Elektroauto. Unser Strom stammt bis heute zu rund einem Drittel aus Kernkraftwerken. Die dabei entstandenen und entstehenden radioaktiven Abfälle müssen so entsorgt werden, dass sie uns und unseren Lebensraum nicht gefährden. Übrigens stammt der Atommüll nicht nur von den fünf Schweizer Atomkraftwerken. Auch in Medizin, Forschung und Industrie entstehen radioaktive Abfälle.
Sicherheit hat oberste Priorität
Der Kanton Zürich ist an allen vier laufenden Kernkraftwerken in der Schweiz beteiligt. Deshalb anerkennt er seine politische Mitverantwortung für eine sichere Langzeitlagerung der radioaktiven Abfälle gemäss Verursacherprinzip. Dies, obschon Zürich bereits andere Zentrumslasten für die Schweiz trägt.
Die Sicherheit hat im Schweizer Auswahlverfahren für den Standort («Sachplan geologische Tiefenlager») oberste Priorität. Davon ist der Kanton Zürich überzeugt. Zudem beurteilt er das Verfahren als transparent und fair. Deshalb unterstützt er den Bund bei der Durchführung und lässt die Arbeiten der Nagra durch eigene Experten beurteilen. Gleichzeitig ist er Ansprechpartner für seine betroffenen Gemeinden und unterstützt die Region bei vielfältigen fachlichen Fragestellungen.
Kanton Zürich interveniert – wenn nötig
In diesem Vorhaben ist die Frage der Sicherheit zentral. Eben deshalb beurteilt der Kanton Zürich die Unterlagen der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) – die für die Projektierung der Tiefenlager verantwortlich ist – gemeinsam mit den übrigen Standortkantonen mit eigenen Experten. Alle Standortgebiete müssen gleich gründlich und ernsthaft dahingehend geprüft werden, ob und inwiefern sie sich für ein geologisches Tiefenlager eignen. Dies verlangt der Kanton vom Bund und von der Nagra. War dies nicht oder nur ungenügend der Fall, intervenierte der Kanton Zürich entsprechend, wie die Chronik zeigt.
Fokus auf Standorte mit Opalinuston
In der Schweiz weist der Opalinuston die besten Eigenschaften für ein geologisches Tiefenlager auf. Davon ist auch der Kanton Zürich überzeugt. Insofern hat er es unterstützt, dass in der aktuellen Etappe 3 des «Sachplans geologische Tiefenlager» nur noch Gebiete mit Opalinuston genauer untersucht wurden. Den Standortvorschlag der Nagra vom September 2022 (Nördlich Lägern) nimmt der Kanton zur Kenntnis. Er wird die Ergebnisse und den Standortvorschlag mit eigenen Experten kritisch beurteilen.
Kanton unterstützt die Standortregion und schützt das Grundwasser
Der Kanton Zürich unterstützt die von der Nagra ausgewählte Standortregion Nördlich Lägern und ihre Bevölkerung fachlich und kommunikativ. Die Region kann sich unter anderem über ihre Regionalkonferenz in die Sachplandiskussionen einbringen. Die Regionalkonferenzen beider potenziellen Zürcher Standortregionen (Nördlich Lägern und Zürich Nordost) haben sich stets kritisch mit der geologischen Tiefenlagerung auseinandergesetzt und sind so zu starken Stimmen in der Standortsuche geworden.
Zusätzlich hat der Kanton andere wichtige und langfristige Aufgaben, beispielsweise die Bevölkerung dauerhaft mit einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen. Deshalb müssen die Grundwasserressourcen für die rund 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Zürich geschützt werden. Und zwar heute, morgen und übermorgen. Darum setzt sich der Kanton bei der Planung der Oberflächeninfrastruktur eines Tiefenlagers für diejenige Lösung ein, die mehrere Ziele gleichzeitig erfüllt: Ziele der Sicherheit, der Raumplanung und des Umweltschutzes – insbesondere betreffend die Trinkwasserressourcen.